01.09.2014 - Götterfälle
Update Vulkan
Die Fissur Eruption geht stabil weiter. Explosive Aktivitäten konnten jedoch keine festgestellt werden. Um die 250 Erdbeben wurden festgestellt, die meisten davon im nördlichen Teil zwischen der Eruption und südlich des Dynjujökull. |
Holuhraun Eruption |
Nach dem morgendlichen Update unseres Vulkans konnten wir beruhigt weiter gen Osten fahren. Unser heutiges Ziel hieß Myvatn. Dort werden wir 3 Nächte bleiben. Das Myvatngebiet im Nordosten Islands ist eines der touristisch am besten erschlossenen Gebiete und wir freuen uns sehr auf die Tage dort. Zuvor lagen aber noch ein paar Kilometer auf Islands Strassen vor uns.
Erstes Ziel heute: Víðimýrarkirkja
Bereits im 12. Jahrhundert gab es hier eine Kirche, die jetzige Torfkirche entstand 1834. Ihre Bauform stammt aus dem Mittelalter. Die beiden Glocken hängen in der Kirchhofspforte. Die Kirche ging 1936 in den Besitz des Nationalmuseums über und wurde renoviert. Sie war das erste Gebäude, das vom Museum als kulturhistorisch wertvolles Bauwerk unter Denkmalschutz gestellt wurde. Kirchen dieser Art waren in Island bis ins 19. Jahrhundert hinein weit verbreitet.
Jetzt aber genug Info. Hier seht ihr was unter dem Begriff Torfkirche zu verstehen ist.
Eintreten in die Kirche konnte man leider nicht. Aber den daneben liegenden Friedhof konnte man ansehen und bestaunen. Schon komisch wieviel Gedöns in Deutschland um Grabsteine und Grabstätten gemacht wird. Hier ist die Pflege eindeutig leichter und einfacher, aber auch billiger zu gestalten. Irgendetwas in mir hat sich aber gestreubt Bilder vom Friedhof zu machen. Keine Ahnung warum.
2 Bilder als Beweismittel musste ich dann aber doch schießen. In Island gibt es einen wesentlichen Unterschied zur Namensgebung gegenüber unserer "Technik". Familienmitglieder haben nicht zwangsläufig den gleichen Namen. Man(n) auch Frau trägt immer den Namen des Vater mit der Endung (-dottir) bei den Töchtern und (-son) bei den Söhnen.
Dem Harald sein Sohn heißt dann halt mit Nachnamen: Haraldson
Dem Oskar seine Tochter heißt? Na, wer weiß es? Klar, die heißt dann Oskarsdottir.
Jetzt gibt es noch den ein oder anderen Härtefall. Was machen wir jetzt, wenn man den Vater nicht so genau kennt? Kann ja mal passieren. Aber auch da haben die Isländer einen Ausweg. Der oder die heißt dann halt Hansdottir oder Hansson. Hans bedeutet soviel wie "sein" Sohn oder Tochter. Is doch einfach!
Im Krieg gab es auch manchmal "Unfälle". Aber Gemach, Gemach, kein Problem. Dann hieß man halt Hermanson bzw. Hermandottir, wobei Hermann soviel wie Soldat bedeutet.
Manchmal wurden Frauen auch einfach so schwanger, ohne dass Hans oder Hermann beteiligt waren. Zumindest haben die Frauen das dann behauptet und alles auf die Elfen geschoben. Aber das ist eine andere Geschichte und wird sicher später erzählt werden.
Ach ja, noch ein Fakt über die Isländer und ihre Namen. Das Telefonbuch von Reykjavik ist nicht nach Nachnamen, sondern nach Vornamen sortiert. Der Name Chris Christofferson ist gar nicht so selten. Wer jetzt denkt, Mensch den Namen kenn ich doch. So heißt ein amerikanischer Schauspieler und v.a. Countrysänger. Das aber nur nebenbei.
Auf unserem weiteren Weg fuhren wir am Freilichtmuseum Glaumbaer vorbei. Die Gebäude des Hofes entstanden zu unterschiedlichen Zeiten des 18. und 19. Jahrhunderts. Alle jedoch wurden in Torfrasenbauweise errichtet. Dies war in den ländlichen Gebieten Islands bis etwa um 1900 üblich. Die skandinavischen Vorfahren der Isländer hatten ihre Häuser aufgrund der zunehmenden Knappheit an grossen Bäumen in dieser Bauweise errichtet.
Ein Torfhaus kann in Gebieten mit gemäßigten Regenfällen ein Jahrhundert überdauern. Wobei gibt es in Island ein Gebiet mit gemäßigten Regenfällen? Offensichtlich!
Das Innere des Hauptgebäudes war aufgrund fehlender Fenster sehr dunkel und uneben. Es war ein eigenartiges Gefühl darin zu laufen und ständig zu stolpern. Mir wurde es fast ein wenig schwindelig. Das interessanteste Zimmer war der Aufenthalts- und Schlafensraum der hier lebenden Menschen. Die "Badstofa" enthielt 11 Betten. Da oftmals 2 Personen in einem Bett schliefen, konnte die "Badstofa" bis zu 22 Personen beherbergen. Jeder arbeitete und speiste auf seinem Bett sitzend.
Die Fensterseite war die Frauenseite, da ihre Arbeit Spinnen und Nähen, mehr Licht erforderte. Die Männer kämmten Wolle, stellten Seile aus Pferdehaar her usw. Während der langen Wintermonate, wenn die Leute diesen Arbeiten beim Licht einer kleinen Öllampe nachgingen, unterhielt häufig ein Mitglied des Haushaltes die anderen mit Vorlesen aus den Sagas oder dem Rezitieren von Gedichten.
Jetzt wissen wir wenigstens warum es auf Island soviele Sagen gibt. Die Wintermonate wollen ja mit Geschichten gefüllt werden.
Die "Badstofa" erzeugte ihre eigenen Verhaltensregeln. Es gab eine Vereinbarung über Privates zwischen den Menschen, die dort lebten: Was unter dem Kissen eines Mannes lag, war genauso sicher vor den Augen und dem Zugriff der anderen, als ob es in einem Safe liegen würde. Ob das gleiche für die Kissen der Frauen galt ließ sich im Nachhinein nicht mehr recherchieren.
Ein letzter Fakt noch über die "Badstofa": Sie wurde beheizt durch die Körperwärme der Bewohner. Dies wurde ermöglicht durch die besonders guten Eigenschaften des isländischen Torfrasens, der die Wärme, die auf diese Weise erzeugt wurde zurückhielt. Außerdem ist die Luft in Island weitestgehend frei von Bakterien und verhindert Körpergeruch.
Deohersteller haben hier kein gutes Absatzgebiet! Zum Abschluß des Besuches noch ein paar Impressionen vom Museum:
weiter ging es dann über die Trollhalbinsel nach Akureyri. Unterwegs konnte man am Strand folgende Basaltsäulen bestaunen.
Angeblich holte sich Guðjón Samúelsson, der Architekt der Halgrimskirche in Reykjavik, seine Inspiration für die Gestaltung aus eben jenen geologischen Eigenheiten der Insel. Die Umrundung der Trollhalbinsel ist auf befestigten Wegen nicht zu bewerkstelligen. Irgendwann hört der Teer auf und Gravel bzw. Schotterstrasse folgt.
Man fährt durch eine wildromantische alpenähnliche Landschaft und fühlt sich alleine. Hier wohnen nur ganz, ganz wenige Menschen. Etwas wofür man geboren sein muss. Menschenmengen sind auch nicht unbedingt mein Fall, aber etwas mehr wie hier dürften es dann auf die Dauer doch sein. Für einen Urlaub jedoch genau richtig.
Wie man sieht ist das Wetter auch jetzt zur vorgerückten Stunde nach dem Mittag nicht wirklich besser geworden. Die Aussichten für morgen und die nächsten Tage in Myvatn lassen uns dies jedoch leicht verschmerzen. Sonne ist gemeldet, da werden wir das bisschen Regen wohl noch überstehen.
Irgendwann während der Fahrt steht man plötzlich vor einem Tunnel. Der ist einspurig, aber zumindest beleuchtet. Das haben wir in Norwegen auf einer Länge von 13 km auch schon anders erlebt.
Wenn hier von vorne ein Auto kommt, dann kann man nur hoffen es kommt rechtzeitig eine Ausweichstelle. Die sind aber so regelmäßig, dass dies nicht wirklich ein Problem darstellt. Ein komisches Gefühl bleibt dennoch, wenn man so aufeinander los fährt.
Irgendwann am Nachmittag hat uns dann die Zivilisation wieder. Wir erreichen Akureyri, die Hauptstadt des Nordens. Akureyri ist nach Reykjavík und dessen beiden Vororten Kópavogur und Hafnarfjörður die viertgrößte Stadt Island mit insgesamt fast 20.000 Einwohner. 1602 wurde die Stadt als Handelsposten der Dänen gegründet. Der steil abfallende Meeresboden eignete sich hervorragend für das Anlegen eines Hochseehafens. Wie auf Kommando stand auch einer Ozeanriese direkt in der Stadtmitte, also quasi.
Von hier bis zum heutigen Ziel lagen nur noch relativ wenige Kilometer und ein Höhepunkt.
Godafoss:
Wie immer in Island gibt es natürlich auch hier eine Sage zum Wasserfall. Diese handelt vom Häuptling des Ljósavatn-Gebietes Porgeir. Er war außerdem Gesetzessprecher des Altings, der Altenversammlung. Im Jahr 1000 wurde er mit der schweren Aufgabe beauftragt, zu entscheiden, ob die Isländer zum Christentum übertreten sollten oder nicht. Nachdem seine Entscheidung pro Christentum angenommen wurde, soll er seine heidnischen Götterbilder in den Wasserfall geworfen haben. Godafoss (Wasserfall der Götter) erinnert an dieses wichtige Ereignis.
Die Gesamthöhe des Wasserfalls beträgt 12 m und die Kantenlänge 180 m. Fragt mich jetzt aber nicht wieviel Wasser pro Sekunde fließt. Ich kann mir ja schließlich nicht alles merken.
Beeindruckend ist er auf jeden Fall und überlaufen. Sobald man in Island auf eine Sehenswürdigkeit direkt an der Ringstrasse trifft ist es aus mit der Einsamkeit. Wobei es natürlich keinen Vergleich mit anderen Anlaufstellen auf der Welt ist wie z.B. Grand Canyon, Arches oder auch Schloss Neuschwanstein.
Der Wasserfall kann auch umrundet werden und auf dem Rundweg kann man auch einen Giftshop oder auch Andenkenladen besuchen. Unser erster in Island und wie immer gibt es auch ein paar Dinge die den Weg über den Ladentisch in unsere Taschen findet. Ich kann ja schließlich schlecht ohne Iceland-Cap die Insel verlassen.
Gegen Abend erreichen wir Myvatn und unsere Hütte für die nächsten 3 Tage. Morgen gibt es dann ein paar morgendlichen Stimmungsfotos rund um die Hütte, die nebenbei Klasse ist. Als wir nach Sonnenuntergang aus unserer Hütte auf die Veranda treten, sehen wir am Horizont ein rotes Leuchten. Das wird doch nicht der Vulkan sein?
Doch er ist es! Wir sind hier ca. 80 - 100 km vom Geschehen weg und trotzdem hat man, wenn man es dann live und in Farbe sieht und sei es nur das Leuchten, ein komisches Gefühl. Leider sind die Bilder so überhaupt nichts geworden. Ich stell es trotzdem ein, als Beweis. Wobei ich ja nichts beweisen muss. Aber trotzdem.
@lljogi 2018 - Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum