Norwegen Euch-Tag 7

Ein paar Gedanken zum Nordkap. Schon als 16jähriger wollte ich zusammen mit ein paar Freunden per Fahrrad den nördlichsten Punkt Europas erreichen. Unsere Eltern hatten damals Einwände. Einwände, die ich heute als Vater eines fast 16jährigen durchaus teilen kann. Es gibt allerdings genügend Menschen, die diesen Traum leben. Dies zeigte die Zahl der Radfahrer, die sich auf Mageroya in Richtung Nordkap wuchteten. Die dem Festland vorgelagerte Insel Mageroya hat noch so ein paar Prüfungen, sprich Steigungen, für den Radwanderer aufgehoben bis er schlussendlich das Nordkap erreichen kann. Ganz zu schweigen von der Gesamtstrecke die zurück zu legen ist. Mit 16 Jahren hätte das damals wohl sicher nicht funktioniert.

So ein paar Träume aus meiner Jugendzeit haben es dagegen bis in die Jetztzeit geschafft wie z.B. eine Wanderung in den Grand Canyon hinein. Einige Träume müssen noch verwirklicht werden wie die Besteigung des Half Domes im Yosemite Nationalpark oder eine 6-monatige Tour quer durch die USA.
Tja und dagegen gibt es eben Träume die diesen Weg bis zur Jetztzeit nicht überstanden haben. Radwandern zum Nordkap gehört zu dieser Kategorie. Aber mit dem Auto gerne jederzeit wieder.

Die Landschaft hier am Nordkap ist schroff, abweisend, karg und doch von so dramatischer Schönheit, dass es genügt auf unserer Veranda zu sitzen und dem Fjord beim Wellen zuzusehen. Einfach nur so dasitzen und den Gedanken freien Lauf zu lassen genügt vollkommen und alle Anspannung fällt von einem ab. Die Hektik des Alltages ist weit weg, irgendwo im Süden vergraben. Haben eigentlich die Menschen hier oben weniger Hektik in ihrem Leben? Ist der Alltag hier ruhiger? Oder bleibt der Alltag eben Alltag und Alltag ist überall gleich? Wie immer gibt es dazu wahrscheinlich keine eindeutige Antwort.

Unser Vermieter der Hütte Frode Christiansen z.B. scheint die Hektik des Alltages aus seinem Leben verbannt zu haben. Er ist Filmproduzent und hat u.a. eine Dokumentation über das Nordkap produziert, welche an diversen Festivals Preise einheimsen konnte. Außerdem fotografiert er, vorwiegend die Landschaft des Nordkaps und vermietet seine Hütten. Er ist 62 Jahre alt, sieht aber aus wie 50. Die meiste Zeit scheint er in der Natur zu verbringen. Die Hektik Deutschlands ist ihm sichtlich fremd. Generell scheinen die Menschen hier etwas entspannter zu sein. Vielleicht muss man aber auch entspannt sein, wenn man im Winter in der Dunkelheit sitzt und dafür im Sommer Dunkelheit nur hinter geschlossenen Augen hat.

Der Beginn des Tages gehörte heute wie beschrieben der Entspannung in unserer tollen Hütte. Habe ich eigentlich schon erwähnt wie toll die Hütte ist? :)
Würde ich allerdings bei unseren Spielen nicht ständig verlieren, wäre ich noch tiefenentspannter. Aber ich rege mich einfach auch zu schnell auf, wenn ich verliere. Nicht bei der ersten Niederlage, wenn aber der Spieltag nur aus Niederlagen besteht, werde ich grantig. Das knabbert an meinem Ego. Was soll ich machen, so bin ich nun mal. Meine Frau hat dagegen das Gewinngen irgendwie inhaliert. Wenn der Spruch stimmt, Glück im Spiel Pech in der Liebe, passen wir beide leider nicht zusammen. Sie hat Pech in der Liebe, ich habe Glück. Vielleicht sollte ich über diese Tatsache etwas länger nachdenken.

Da wir aber nicht den ganzen Tag in unserer tollen Hütte verbringen wollten, besuchten wir das kleine Fischerdorf Gjesvaer. Wir liefen ein paar Meter durch die Landschaft, um anschließend noch auf einer kurzen, aber steilen Schotterpiste auf einen Aussichtspunkt hoch über Honnigsvag zu fahren. Das wars schon. Der Rest des Tages war wieder Entspannung angesagt.

unsere Hütte von oben

Weil aber zu viel Entspannung wie beschrieben auch zu Spannungen führen kann, schnappte meine Frau noch die Jungs und bestieg bei herrlichem Wetter am Abend schnell noch den Skipsefjell direkt vor unserer Haustüre.

Morgen müssen wir diesen wundervollen Ort leider wieder verlassen, aber wir wollen von Norwegen noch etwas mehr sehen und haben schließlich auch noch 1.5 Wochen lang Zeit dazu.

@lljogi 2018 - Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum